Kaizen und Personal Kanban

Als frischgebackener ScrumMaster, habe ich mir einen Rat aus dem zugrundeliegenden Training bei Boris Gloger zu Herzen genommen: Scrum als Einstellung zu verstehen, jeden Tag etwas zu verbessern. Mehr als jeden anderen im Team betrifft das den ScrumMaster, denn letztendlich ist er dafür verantwortlich dem Team die Impediments aus dem Weg zu räumen. Ein ScrumMaster sollte also mit gutem Beispiel vorangehen und nicht nur sein Team sondern auch sich selbst ständig verbessern.

Von MIT und WIP

Personal KanbanViele Baustellen schaffen natürlich viel Verwirrung, daher habe ich im Sinne von Kaizen damit begonnen schrittweise Verbesserungen einzuführen. Ein erster Schritt ist dabei die Einführung von Personal Kanban. Während des Scrum-Trainings wurde ich als “Coach” zum Thema Konsequenz durch einen Mitteilnehmer ausgewählt. Dabei habe ich unter anderem kurz den “Most Important Task”-Ansatz von Leo Babuta angerissen, die drei (oder auch fünf) wichtigsten Aufgaben (MIT) jeden Tag in Form eines Post-It-Zettels zu visualisieren und nacheinander abzuarbeiten. Der ausschlaggebende Punkt, ist die Auswahl der drei wichtigsten Aufgaben und der dadurch generierte Fokus darauf. Ähnlich ist der Ansatz im Personal Kanban. Durch die Festlegung der WIP (Work-In-Progress-Artefakte) wird der Fokus verlagert. Weg von der “erdrückenden” Liste an zu erledigenden Dinge, hin zu der überschaubaren Liste an Aufgaben, die tatsächlich erledigt werden. Da ich den MIT-Ansatz bereits seit langer Zeit verfolge, fällt mir die Implementierung von Personal Kanban nicht sonderlich schwer. Gleichgültig, ob “Most Important Task” oder “Work In Progress”: Beide Ansätze unterscheiden sich zunächst nicht sonderlich. Was in The Power of Less als Goal bezeichnet wird, kann in Personal Kanban als langfristige Aufgabe (z.B. Jahresprojekt) in einem eigens hierfür gedachten Abschnitt geführt werden. Die Gestaltungsspielräume in Personal Kanban sind dabei jedem einzelnen überlassen.

Der erste Value Stream

Die erste Implementierung meines Personal Kanban umfasst daher zunächst die drei “Standardspalten” Backlog, WIP und Done. Die Verfeinerung entsteht im Laufe der Zeit während man sich selbst über den eigenen Value Stream im klaren wird. Ein komplexeres Schema eines Value Streams bereits zu Beginn einzuführen erfordert ein höheres Maß an Konsequenz dies umzusetzen und erhöht somit das Risiko, dass das Unterfangen scheitert. Der einfache Value Stream stellt sicher, dass bereits am Ender der ersten Woche zumindest einige Tasks in der Done-Spalte ein subjektiv gutes Gefühl vermitteln. Hierin besteht auch der größte Unterschied im Umgang MITs. Die Visualisierung der erledigten Aufgaben dürfte ein entscheidender Motivationsfaktor sein um den Ansatz konsequent weiterzuführen.

Von Lazy Lists zum Backlog – Der Erweiterte Value Stream

199 Taks zu vielDer nächste Schritt und eines der ersten Items im Backlog besteht darin, sämtliche “Lazy Lists” abzuschaffen. Vor ungefähr einem Jahr hatte ich den Versuch gewagt, meine Aufgaben von Microsoft Outlook nach Remember The Milk (RTM) zu migrieren und ab da an in RTM zu verwalten. Grund hierfür war die erdrückende Anzahl von Tasks, der Mangel an einer Priorisierung von Tasks und die konsequente Umsetzung von Inbox Zero.  Wie alle Lazy Lists, neigen jedoch auch die Listen in RTM dazu, schneller anzuwachsen als sie abgearbeitet werden können. Dies führt unweigerlich dazu, dass vor allem die Aufgaben am Ende der Listen lange Zeit unbeachtet bleiben. Sowohl in The Power of Less als auch in Personal Kanban wird propagiert, nur eine Liste mit allen Aufgaben zu pflegen und somit Anzahl der Eingangsfächer zu minimieren. Während die Visualisierung mittels eines Whiteboards in Personal Kanban die bevorzugte Lösung darstellt, möchte ich jedoch nicht auf die Möglichkeit verzichten, auch von unterwegs neue Items in das Backlog einzutragen.  Hier habe ich mich entschieden mein Value Stream durch ein vorgelagerten Schritt zu erweitern. RTM sowohl auf dem iPhone als auch im Web bleibt die Lösung um spontane Einfälle oder aktuelle Aufgaben zu erfassen.  Regelmäßig, im besten Fall jeden Tag, werden diese Aufgaben in den Backlog des Personal Kanban übertragen. Hier kommt der gleiche Effekt zum tragen, der auch bei Zero Inbox ausschlaggebend ist und weswegen im ersten Schritt zu Zero Inbox alle Items aus der Inbox gelöscht oder archiviert werden. Eine Liste mit drei Einträgen auf Null zu bringen ist wesentlich leichter als eine mit 200 oder gar 1.000 Einträgen.

Von Digital zu Physisch

Während meiner Recherche zu Personal Kanban bin ich auf verschiedene Anwendungen (Desktop und Web) gestoßen, mit denen sich ein Personal Kanban einrichten lässt. Die bewusste Entscheidung gegen ein digitales Personal Kanban ist mit der vorangehenden Abschaffung von Lazy Lists begründet. Ein physisches Whiteboard hat schlicht und ergreifend einen begrenzten Platz für Backlog-Items. Das Backlog kann schon aus diesem Grund nicht uneingeschränkt anwachsen. Und auch hier lässt sich zum Abschluss eine Analogie zu Scrum zu herstellen. Während die Menge an User Stories überschaubar ist (in der Regel um die 60), wachsen Bug-Listen oder Listen in Ticketsystemen schnell ins Absurde (mit hunderten oder gar tausenden Einträgen).

Fazit

Die Umstellung von einem reinen MIT-Ansatz zu Personal Kanban stellt einen nicht allzu großen Schritt dar, sofern man bereits seit einiger Zeit mit MITs gearbeitet hat. Der Hauptunterschied liegt meines Erachtens in einer nachhaltigeren Visualisierung der erledigten Aufgaben und der Priorisierung der Backlog-Items während die Grundprinzipien einer einzelnen Inbox für Aufgaben und einer überschaubaren Menge an abzuarbeitenden Aufgaben vom Grundprinzip ähneln.